Jesse Marsch (Trainer FC Red Bull Salzburg):
…über die Kommunikation im Trainerjob: „Vor vier Jahren habe ich gar nicht Deutsch gesprochen. Ich hatte gute LehrerInnen und ich glaube, es ist ein bisschen eine Besessenheit von mir immer mehr zu lernen, das ist auch mein Ziel als Trainer. Kommunikation ist allgemein das wichtigste im Trainerjob.“
…über die häufigen Umzüge für seine Familie: „Alle zwei, drei, vier Jahre hatten wir einen Umzug, es ist unser gewohntes Gefühl, immer eine neue Heimat zu haben. Wir fühlen uns in Österreich und in Salzburg wohl. Wir sind sehr glücklich. Manchmal ist es nicht so einfach, aber es ist unser Leben, es hat Vor- und Nachteile. Insgesamt haben wir viel gelernt und eine schöne Zeit zusammen gehabt. Für die Kinder ist es am schwierigsten. Die neue Sprache, neue Freunde, aber sie haben es unglaublich gut geschafft. Und zum Schluss überwiegt die gewonnene Erfahrung, sie haben so viel gelernt und gesehen.“
…über seinen Weg nach Europa und Leipzig und seine Familie: „Ich habe eine sehr besondere Frau, sie versteht dieses Leben als Profifußballer und Trainer. Es war eine große Gelegenheit hier in Europa zu sein, die Lebensqualität, es war immer ein Traum von uns. Die Kinder waren nicht zufrieden, hatten Angst, sie hatten viele Freunde in New Jersey, diese Idee vom großen Umzug war nicht so einfach zu verstehen. Sie sind sehr flexibel. Sie sind viel stärker durch die ganze Erfahrung. Das Schwierigste in Leipzig war von Anfang an die harte Arbeit mit der Mannschaft und dann zuhause mit der Familie mit allem eine Unterstützung zu geben. Es war für uns alle sehr anstrengend. Fast 24/7, aber es ist wichtig, dass ich an beide Seiten alles geben kann. Meine Frau muss alles schaffen, jeden Tag viel Energie haben, ganz ehrlich, ich kann die Situation nicht alleine schaffen, zuhause macht sie fast alles für uns, unsere Kinder sind sehr glücklich und haben viel Glück so eine Mutter zu haben – meine Frau ist speziell.“
…über 9/11: „Unser erstes Kind war vier Tage alt, wir haben direkt in Chicago gewohnt, es war acht Uhr in der Früh bei uns. Wir haben im Fernsehen die Situation gesehen, zuerst an einen Unfall gedacht. (…) Wir hatten Angst. Wir hatten den ganzen Tag Kampfflugzeuge am Himmel gehört. Alle haben gedacht, dass der Sears Tower vielleicht das nächste Ziel ist. Es war ein Tag, der in Amerika alles verändert hat. Ein Freund von der Universität hat im ersten Turm gearbeitet, er war sofort weg vom Gebäude, wurde aber von einem Gebäudeteil getroffen. Der Krankenwagen ist schnell gekommen, aber er ist am Weg ins Krankenhaus verstorben. (…) Es war schrecklich.“
…über Skepsis in Europa gegenüber einem Trainer aus den USA: „In Leipzig war es nicht das große Thema, ich war oft in Leipzig zwischen unserer Saison in New York. Wir haben einander kennengelernt, meine Zeit hier war als Co-Trainer wichtig für meine Entwicklung, aber vielleicht wichtiger für meinen Namen und meine Erfahrung. Ich habe den Rhythmus in Europa gelernt, mit der Liga, Europa League und Champions League. Und besonders in Deutschland, was ich so schön finde, ist die Fußballkultur. (…) Jeder Verein hat eine besondere Geschichte, ein Trainer muss ganz sicher diese Geschichte repräsentieren. Die Fankultur und alles ist in Deutschland sehr speziell.“
…für was der Trainer Jesse Marsch steht: „Er steht für die Gruppe, selbstloses Führungsverhalten. Wichtig ist, dass ich jeden Tag verstehen muss, was die Gruppe braucht und jeder einzelne Spieler. Auch eine starke Beziehung zum Vorstand und dem Verein und zu jedem Spieler und dem Trainerstab, unsere Zusammenarbeit muss stark sein. Dass wir eine echt starke Gruppe sind und das bedeutet alles für mich, ganz ehrlich, mehr als das Ergebnis. Der erste Schritt ist immer, dass wir zusammenarbeiten und uns einander helfen. Ich glaube mit Leuten zu arbeiten, egal in welchem Beruf, ist wichtig. Ich bin Trainer, aber mehr noch ein Leader von Männern, wichtig ist die Gruppe zu repräsentieren und zu helfen, dass jeder die beste Version von sich selbst sein kann.“
…warum er in Deutschland oft als Trainerkandidat gehandelt wird: „Ich verstehe nicht warum, ich habe nie Leute von Dortmund oder Gladbach oder egal (von wem) getroffen. Ich frage mich oft, wie kann das passieren, wenn sie meine Persönlichkeit nicht kennen, oder es sind die Medien und sie sagen es, weil wir Erfolg in Salzburg haben. Natürlich ist der nächste Schritt für einen Salzburg-Trainer mit Erfolg, in Deutschland zu sein. Das Wichtigste für mich sind Beziehungen zu Leuten, nicht nur mit der Mannschaft, auch mit dem Verein und den Fans.“
…ob er nächstes Jahr Trainer in der Deutschen Bundesliga sein könnte: „Es ist eine Möglichkeit. Momentan haben wir so viel Spaß in Salzburg mit einer super Mannschaft. Sie hat ein sehr hohes Niveau und die Konzentration ist zwei Aufgaben zu schaffen, den Cup und die Meisterschaft zu gewinnen. Der Fokus ist nur darauf. In Deutschland Trainer zu sein ist vielleicht ein Ziel von mir, ich weiß nicht. Was wichtig für mich ist, ist die beste Beziehung und den besten ‚Fit‘ für mich als Mensch zu finden. Nicht nur was ist der größte Verein. Finde die richtigen Leute, um gut zusammenzuarbeiten.“
…über Schalke 04: „Schalke ist ein super Verein. Jochen Schneider war dort in dieser Zeit, er ist ein guter Freund und wir haben gut zusammengearbeitet mit Red Bull in New York und in Leipzig. Aber die Situation war kein guter ‚Fit‘ für mich in dieser Zeit. Jochen und ich haben als Freunde gesprochen und nicht beruflich.“
…über RB Leipzig: „Natürlich verstehe ich diesen Verein sehr gut, natürlich ist Leipzig eine Top-Idee. Julian Nagelsmann macht einen super Job, es gibt keinen Grund für Leipzig jetzt einen neuen Trainer zu haben. Aber wenn ich die Möglichkeit als Trainer in Leipzig haben kann, dann ist es eine super Idee für mich.“
…über Hertha BSC: „Berlin ist eine unglaubliche Stadt, so schön. Und auch in diesem Stadion zu spielen mit der ganzen Geschichte für uns als Amerikaner, Jesse Owens war da. Mit Fredi Bobic sind viele neue Dinge, ich habe ihn in New York getroffen, er war ein Freund von meinem Co-Trainer in New York, aber wir haben keinen Kontakt.“
…über Spielsysteme und Spielphilosophie: „Wir haben unsere Philosophie, aber ich mag die Flexibilität mit taktischen Dingen. Flexibel mit und gegen den Ball und unsere Philosophie benutzen, um immer einen Vorteil gegen den Gegner zu finden. Für mich sind taktische Dinge über die Strategie (zu stellen). (…) Wir machen viele besondere Standardsituationen hier in Salzburg. Meine Strategie ist es in jeder Situation das Spiel und den Gegner zu kontrollieren, es ist fast unmöglich, aber das ist das oberste Ziel für mich. Ich gewinne lieber 5:4 als 1:0. Aggressiv ist immer besser als passiv. Wenn wir 1:0 führen, denke ich immer an das 2:0 und bei 2:0 immer an das 3:0. Und nicht in die andere Richtung, die Null zu halten. Es ist mehr eine Philosophie des Lebens und nicht des Fußballs. Ich habe gelernt im richtigen Moment ein bisschen konservativer zu sein.“