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„Salzburger Halbzeit“ mit Ignace Van der Brempt
Ein absoluter Ruhepol – vermeintlich! Wenn man Ignace in seinen ersten Monaten bei uns beobachtet hat, könnte man meinen, dass der junge Belgier ein harmloser Kerl sei. Gut möglich, dass dies aber nur einer gewissen Eingewöhnungsschüchternheit zuzuschreiben war. Schon bei seinem Wechsel nach Salzburg kommentierte ein Brügge-Mitspieler „Ich kann wieder ohne Schienbeinschützer trainieren“. In seinen ersten Startelf-Einsätzen in der Saison 2022/23 zeigte unser Defensivakteur auch schon direkt, dass er eine gewisse Härte ins Spiel bringen kann.
„Ich kann durchaus mal aggressiv auftreten, nicht nur auf dem Platz. Grundsätzlich bin ich auf jeden Fall ein netter Typ, aber man sollte es halt nicht übertreiben. Ich bin nicht einfach nur der liebe, harmlose Kerl, der sich alles gefallen lässt. Man muss auf dem Platz ja auch selbstbewusst und stark auftreten, gerade als Verteidiger darfst du nicht allzu nett zu deinen Gegnern sein.“
Nicht nur auf dem Platz ist bei Inni, wie er bereits als Kind genannt wurde, ein konsequenter Zweikampf gefragt, das Duell um die Position auf der rechten Außenbahn ist ebenso ein heißes Thema. Momentan steht es – gemessen an Liga-Startelf-Einsätzen – 2:2 zwischen Amar Dedic und ihm. Dieser Zweikampf bedeutet aber noch lange nicht, dass sich unsere Roten Bullen beim Training extra dicke Schienbeinschützer anziehen müssen, schließlich ist ein harmonisches Teamgefüge für den Belgier das A und O.
„Wir trainieren nicht mit Schienbeinschützern, das war nur ein Scherz. Klar, manchmal erwischt man sich, so ist der Fußball. Man muss ein Stück weit hart auftreten. Aber vor allem neben dem Platz muss man auf jeden Fall rücksichtsvoll miteinander umgehen und als Team eine Familie sein. Dass wir eine so junge Mannschaft sind, ist etwas wirklich Besonderes. Bei uns sind so viele Nationalitäten und Kulturen vertreten, die bei uns zu einem Team werden. Das ist keine Selbstverständlichkeit, das macht uns hier einfach aus. Wir alle haben ein gemeinsames Ziel, das uns vereint.“
Dabei scheinen die zwei Spieler mit den nördlichsten Wurzeln zueinandergefunden zu haben, denn Ignaces bester Freund in unserer Mannschaft ist der Däne Maurits Kjaergaard. Die beiden trafen Ende März in der U21-EM-Quali aufeinander – ohne Sieger, was für deren Freundschaft vermutlich förderlich gewesen sein dürfte.
„Wir fahren meistens zusammen zum Trainingszentrum nach Taxham, weil Mau keinen Führerschein hat. Damals mit den U21-Nationalteams gegeneinander zu spielen, war echt cool und erst auch irgendwie komisch. Wir kannten uns erst seit einer kurzen Zeit, und so war es eine witzige Situation, plötzlich gegeneinander zu spielen, da hatten wir guten Gesprächsstoff.“
Apropos dänische Mitspieler: Die großen Fußstapfen auf der Rechtsverteidiger-Position sind bekanntermaßen ebenfalls dänischer Natur. Schon Ende Jänner 2022 bei Ignaces Wechsel an die Salzach war schnell klar, dass der mittlerweile 20-Jährige ein Kandidat auf die Nachfolge von Rasmus Kristensen sein würde – nicht umsonst, begrüßte Max Wöber den Belgier zum ersten Team-Frühstück mit „Hey, Rasmus 2.0!“.
„Das ist völlig normal, dass die Leute Vergleiche ziehen, wenn zwei Spieler auf der gleichen Position spielen. Wir haben ja auch einen ähnlichen Spielstil, sind aber ganz verschiedene Menschen. Wenn ich zurückblicke, habe ich die bisherige Zeit auf jeden Fall gebraucht, um hier anzukommen. Themen wie die Wohnungssuche und die Eingewöhnung sind schon abgehakt, ich kenne mich hier aus. Jetzt konnte ich wunderbar mit freiem Kopf in die neue Saison starten, es war also auf jeden Fall sinnvoll, im Winter zu wechseln.“
Sein Lieblingsmoment in seiner bisherigen Zeit als Roter Bulle: ganz klar sein erstes Pflichtspieltor in unserem Trikot im Cup-Spiel gegen Fügen. Davon soll es in Zukunft unbedingt mehr geben. Doch schon Tag 1 in der Mozartstadt begeisterte ihn.
„Ich will auf jeden Fall auch eine offensive Rolle spielen, das können die Fans von mir erwarten, es sollten also noch Tore und Assists dazukommen – seien wir ehrlich, ein besseres Gefühl gibt’s im Fußball nicht, als nach einem Tor mit dem gesamten Team zu jubeln. Aber auch der Transfer an sich, die Ankunft hier, war damals einfach ein wahrgewordener Traum. Weitere große Momente kommen hoffentlich noch in naher Zukunft.“
Auch die belgische Nationalmannschaft spielt dabei natürlich eine Rolle, in welcher der aktuelle U21-Teamspieler auf jeden Fall eines Tages vertreten sein möchte, zumal der Fußball in seiner Heimat eine enorme Rolle spielt. Mit zirka 11,5 Millionen Einwohnern ist das Königreich an der Nordsee kaum größer als Österreich, gehörte im letzten Jahrzehnt bei großen Turnieren aber immer zum Favoritenkreis.
„Ob Junge oder Mädchen, fast jedes Kind möchte Fußballprofi werden. Belgien hat sich zu einer echten Fußballnation entwickelt. Schon die Jugendteams aus Belgien zeigen starke Leistungen und gehören international zu den Besten. Die Stadien sind auch immer gut gefüllt, und es geht oftmals heiß her. In meiner Familie sind die meisten zum Beispiel Antwerpen-Fans.“
Für den sportbegeisterten Ignace startete die Fußball-Reise bereits im Alter von vier Jahren. Wohlbehütet im Elternhaus ging das Kicken gemeinsam mit den beiden Brüdern los.
„Wir haben täglich mit dem Fußball gespielt, und ich war sehr früh im Verein. Ich habe es auch immer geliebt, zum Training zu gehen, zu spielen, und diese Liebe hat mich nie losgelassen. Irgendwann kam dann der Traum, eines Tages mal Profi zu werden, der gerade immer mehr zur Realität wird. Ich lebe gerade, was ich mir immer erträumt habe, und ich liebe deshalb jeden Moment hier.“
Die Familie spielt dabei damals wie heute eine große Rolle für den 20-Jährigen. Beheimatet in Mechelen in der Provinz Antwerpen hatte Ignace alles, was es brauchte. Den Druck, dass es mit der Profi-Karriere klappen muss, gab es dabei nie. Fest stand nur, dass sich der junge Bursch voll und ganz dem Fußball verschrieben hatte.
„Unsere Eltern haben uns immer machen lassen. Sie wollten einfach, dass wir glücklich sind. Wenn wir mal schlecht gespielt haben, haben sie uns aufgebaut, aber nie unter Druck gesetzt. Es war immer mir überlassen, welchen Weg ich gehe. Doch selbst wenn ich kein Profi geworden wäre, würde ich wahrscheinlich irgendwas mit Fußball machen. Vielleicht im Medienbereich oder als Physio.“
So traumhaft und unbeschwert Ignaces Kindheit klingen und weitestgehend auch gewesen sein mag, seinen ersten Profivertrag bei Club Brügge, wo er aus den Nachwuchs vom KV Mechelen hingewechselt war, bekam er keineswegs geschenkt. Schon früh war neben Mesut Özil („Mir hat sein Spielstil einfach gefallen“) Ignaces großes Vorbild Cristiano Ronaldo – nicht wegen seinen Toren und Dribblings, sondern wegen dessen unerbittlicher Arbeitsmentalität, denn diese war auch bei Inni gefragt.
„Als ich 15 Jahre alt war, lief es in Mechelen nicht so optimal für mich. Meine Leistung passte nicht ganz, ich hatte auch nicht so viel Spielzeit. Das war ein früher Härtetest. Da musste ich mich durchbeißen und hart für meinen Traum kämpfen, viel trainieren, und von da an ging es zum Glück ziemlich schnell aufwärts.“
Ansonsten ist Ignace für so manche Überraschung gut. Neben einem bilingualen Haushalt hat die Familie Van der Brempt eher ungewöhnliche Haustiere daheim.
„Hühner, bei meinen Eltern daheim im Garten. Mein Vater liebt sie! Wenn ich da bin, gibt’s also auf jeden Fall immer frische Eier. Früher in der Schule habe ich mir, neben Mathe, in Französisch ziemlich leichtgetan, weil meine Eltern mit uns daheim immer sowohl Niederländisch als auch Französisch gesprochen haben. Mein Englisch wird hier auch immer besser, bei Deutsch stehe ich noch eher am Anfang. Vier Sprachen zu sprechen, das wäre schon cool!“
Dabei helfen soll der wöchentliche Deutsch-Unterricht, den Ignace, wie die anderen ausländischen Spieler, Woche für Woche absolviert. Für den Verteidiger war der Wechsel hierher immerhin auch der erste Schritt ins Ausland, der große Kulturschock blieb glücklicherweise aber aus.
„Ich wusste, dass alles neu sein würde. Am Anfang habe ich mich hier einige Male verfahren, aber sonst passte alles wunderbar. Ganz grundsätzlich ist das Leben hier nämlich sehr ähnlich wie in Belgien. Klar, die Sprache muss ich noch weiter lernen, und die Küche ist etwas anders. An das belgische Essen, die Pommes Frites oder die Schokolade von dort, kommt nichts ran, aber meine Lieblingsbestellung, das Club-Sandwich mit einem Apfelsaft im Afro Cafe in der Innenstadt, bekomme ich mittlerweile ganz gut auf Deutsch hin.“
Wie viele unserer Burschen schaltet auch Ignace regelmäßig die PlayStation ein. Das macht er allerdings nicht aus purer Langeweile, sondern um mit seinen Freunden aus der Heimat in Kontakt zu bleiben.
„Natürlich spiele ich FIFA. Immer, wenn ich dort einen neuen Karrieremodus starte, kaufe ich immer erstmal mich selbst. Ansonsten spiele ich mit meinen Brüdern und Freunden aus der Heimat vor allem Fortnite, dabei tauschen wir uns regelmäßig aus. Sogar den Sommer-Urlaub habe ich mit meinem Fortnite-Squad verbracht, die Konsolen haben wir da aber natürlich daheim gelassen.“
Das mag für manche so klingen, als würde Ignace ein Stück weit seiner Heimat hinterherhängen, dem ist aber keineswegs so. Der Belgier hat sich in Salzburg bereits bestens eingelebt, liebt es, die Stadt und die umgebende Region zu erkunden, und fühlt sich auch fußballerisch zu Hause.
„Ich bin sehr glücklich über meine Entscheidung. Ich denke, es war der richtige Schritt zur richtigen Zeit, in der ich gerade den Schritt vom Jungen zum Mann mache. Fußballerisch kann ich hier allein deshalb schon einen Schritt vorwärts machen, weil das Niveau im Training extrem hoch ist, zu jeder Zeit mit voller Intensität.“
Wir dürfen gespannt sein, was die noch junge Saison für Ignace Van der Brempt und den Rest unserer Burschen mit sich bringt, und welche Entwicklung unsere Roten Bullen in den nächsten Monaten machen werden. Eines ist für Inni klar: In der UEFA Champions League-Gruppenphase hätte er aus Lostopf 4 am liebsten sein Ex-Team Club Brügge.