Nachtrag zu gestern und kleine Wunschliste für das Rückspiel:
Als ich letztens eine Passmap deren Partie gegen Lecce gesehen habe, war ich an einen Beitrag erinnert, den ich irgendwo einmal aufgeschnappt habe. Da sollte Mourinho seine Idealvorstellung von einem Tor skizzieren und er machte ohne zu Zögern drei Pfeile: vom eigenen Strafraum an die Außenlinie, der Außenlinie entlang nach vorne und von dort in den gegnerischen Strafraum. Die Passmaps spiegeln das wider, wobei es so aussieht, als würde man sich im 3-4-3 den Pass der Linie entlang jetzt auch schon sparen:
Da tut sich sehr wenig im Zentrum, dafür tummeln sich mit dem Halbverteidiger, Flügelverteidiger, Sechser und Außenstürmer je vier Spieler in den äußeren Zonen.
Wie gestern schon gesagt spielt die Roma unter Mourinho wie jede Mourinho-Mannschaft mit wenig Personal in der Offensive. Beeindruckend ist daher gar nicht so die defensive Stärke. Wer schnell mit sieben Feldspielern am eigenen Strafraum steht, offenbart halt grundsätzlich wenig Lücken. Bemerkenswert ist eher wie schnell und mit wie wenig (personellen) Aufwand man es schafft vorne gefährlich zu werden. Ein langer Ball und schon ergibt sich eine Möglichkeit, schon lässt sich eine Ecke herausholen um die Gefährlichkeit bei Standards auszuspielen:
Vor Dedics beinahe missglückter Rettungsaktion versuchte sich Solet kurz als Stürmer, Cristante will das ausnutzen und schickt Tammy bei erster Gelegenheit auf die Reise.
Die beiden anderen Großchancen entstanden aus Eckbällen. Da schaffen es die Giallorossi mit kurzen Läufen unsere Deckung zu manipulieren. Vor Cristantes Stangenkopfball verschafft er sich durch einen Bogenlauf einen dynamischen Vorteilgegenüber Ulmer und Pavlovic; vor Pelottis Sitzer zieht alls in Richtung erste Stange und Smalling kann sich für die Ablage ungestört entgegen der allgemeinen Laufrichtung absetzen:
Mourinhos Spielidee hat aber auch Schwachstellen und die haben wir trotz glücklichem Heimsieg zu wenig fokussiert. Die Defensive verhält sich gegen den Ball ziemlich vorhersehbar: In der ersten Linie wird ohne Nachdruck zugestellt, dahinter ist formationsbedingt dann viel Platz in den seitlichen Zonen. Sind wir dort angekommen, fallen sie schnell in eine 5-2-Staffelung zurück, die Stürmer werden manngedeckt und am Flügel wird Überzahl hergestellt (Flügelstürmer und ballnaher Sechser unterstützen). Wir haben uns aber zu oft ins letzte Drittel vorgespielt, um dort dann noch einmal eine Nachdenkpause einzulegen. Die Angriffe müssen aber beim Vorstoßen ins letzte Drittel mit Dynamik durchgespielt werden, um unsere Stärken auszuspielen. Das eine Mal, als wir das taten, entstand auch direkt das Tor. Pavlovic bremste die Aktion nicht ab, sondern schlug direkt aus dem Lauf heraus die Flanke, die Stürmer binden zentral die Verteidiger und Capaldo kommt mit Dynamikvorteil in der Schnittstelle zum Kopfball:
Für unser Spiel gegen den Ball habe ich jetzt keinen Screenshot parat. Aber so sauber und konsequent da individuell gearbeitet wurde, so ziellos sah das in seiner Gesamtheit aus. Im 4-3-1-2 gegen ei 3-4-3 gäbe es eigentlich einige Möglichkeiten den Gegner vor Probleme zu stellen. Aber der Aufbau wurde in keine bestimmte Richtung geleitet, die Deckungsschatten wurden nicht aktiv genutzt. Wir standen in unserer Staffelung innerhalb der gegnerischen Formation und wenn jemand in den Tanzbereich eines Spielers eindrang, dann wurde reagiert - aber nie agiert. Kann sich jemand an einen hohen Ballgewinn erinnern?
Aus diesen Beobachtungen ergibt sich für mich eine kleine Wunschliste für das Rückspiel:
- aktives Pressing: die Roma ist unter Zugzwang und muss agieren. Bieten wir ihnen etwas an und schlagen dann zu! Sie spielen ungern durchs Zentrum. Von dort lassen sich schwer Bälle hinter die Abwehr spielen und wir können im Pressing leicht Überzahl herstellen. Nur so als Gedanke.
- konsequente Restverteidigung: Halbraumdribblings der Verteidiger können ein probates Mittel sein, gerade gegen Mannorientierungen. Aber gegen die Sturmreihe braucht es zu jeder Zeit eine Überzahl, sonst hat Tammy zu viel Spaß.
- Standards vermeiden, Standards gut verteidigen: einige der Eckbälle und Freistöße waren leicht vermeidbar. Dazu sollte man sich die Offensivschemen der Roma noch einmal genauer ansehen.
- mehr Dynamik im letzten Drittel: Okafor wich gestern viel nach außen aus, um sich dann aus dem Stand vorbeizaubern zu wollen. Die Angriffe müssen wie schon gesagt ab 40 Meter vor dem Tor durchgespielt werden, um der Physis und Überzahl mit Dynamik entgegensetzen zu können. Wenn Flanken, dann aus dem Halbfeld. Wenn ein Laufweg angeboten wird, dann immer mit Gegenbewegung. Wenn ein Wandspieler eingebunden wird, dann zur Ablage. Wenn angedribbelt wird, dann Spielfortsetzung mit Richtungsänderung. Wir brauchen viel Spiel über den dritten Mann!
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass in der Spielerbewertung zu wenig Wert auf den Kontext der Begegnung und die Einbindung geachtet wird und wir uns für auswärts vor allem offensiv etwas überlegen sollten. Auf ein 0:0 sollten wir eher nicht spielen.