Ein Faktor in der Schiedsrichter-Entwicklung ist die Professionalität. In der Premier League gibt es ausschließlich Profi-Schiedsrichter. In Österreich ist praktisch das Gegenteil der Fall. Warum?
Kassai: Auch in England hat es gedauert, bis diese Professionalität etabliert werden konnte. Um hier Fortschritte zu machen, braucht es eine Kooperation mit dem ÖFB und der Bundesliga samt seinen Vereinen. Denn auch die Vereine sind gefordert, dieses Projekt zu unterstützen.
Viele Länder in Europa gehen den Weg Richtung Professionalität. Unsere Liga kann man zwar nicht mit der Premier League oder der Serie A vergleichen, aber wir müssen ein System finden, um hier nachzuziehen. Am Ende des Tages geht es nicht nur um das Finanzielle, sondern auch um den Faktor Zeit. Denn der Schlüssel liegt hier in der Vor- und Nachbereitung der Spiele.
Herr Hofmann, “mittelfristig” sollen auch in Österreich die Schiedsrichter hauptberuflich pfeifen, heißt es. Wo steht man da aktuell?
Hofmann: Ich hatte erst vor wenigen Wochen einen Termin mit dem Bundesligavorstand (David Reisenauer, Anm.) und wir haben im Rahmen der Zwei-Jahres-Planung darüber gesprochen, wann der Schritt gesetzt werden soll. Seit Viktor beim ÖFB ist, haben wir versucht, das Schiedsrichterwesen zu stabilisieren. In der Administration und Organisation haben wir uns Leute dazugeholt, um uns besser und breiter aufzustellen. Wir brauchen nicht von Professionalität oder Semi-Professionalität sprechen, wenn wir das im Hintergrund gar nicht bewerkstelligen können.
Wann kann realistisch der nächste Schritt gesetzt werden?
Hofmann: Dass wir es nicht geschafft haben, bis Juli mit den Vereinen etwas auf die Beine zu stellen, hatte schlicht und einfach zeitliche Gründe. Allerdings haben wir ausgerufen und dem Bundesligavorstand auch klar kommuniziert, dass wir im Laufe der nächsten Saison Konzepte präsentieren wollen, damit wir vielleicht schon übernächste Saison mit einer Semi-Professionalität starten. Ich glaube, dass in Österreich eine Voll-Professionalität sowohl wirtschaftlich als auch aufgrund der Bereitschaft der Schiedsrichter nicht möglich sein wird. Es wird eine semi-professionelle Lösung angestrebt, wie das in Verbänden, die vergleichsweise so groß sind wie der ÖFB, der Fall ist.
Ihr Vertrag läuft zumindest noch eine weitere Saison. Wie sieht Ihre Zielsetzung aus. Was muss passieren, dass Sie im Juni 2025 sagen, Sie sind zufrieden mit Ihrer Arbeit beim ÖFB?
Kassai: Ich bin zufrieden mit der Zusammenarbeit mit dem ÖFB. Wir fühlen uns respektiert vom österreichischen Fußball. Ich bin froh, dass ich bei meinem Start sehr gut unterstützt worden bin. Ich gehe davon aus, dass wir auch in Zukunft unsere Ziele erreichen werden, ganz gleich, ob kurzfristig oder mittel- bis langfristig.
Welche Ziele wären das im Konkreten?
Kassai: Wir haben schon über die EM 2028 gesprochen, wo wir einen Schiedsrichter stellen wollen. Generell wäre es ein Ziel auf internationaler Ebene den nächsten Schritt zu setzen. Wir wollen nicht nur in Kategorie eins einen Schiedsrichter haben, sondern auch in der Elite-Kategorie. Das hätte auch eine Vorbildwirkung für junge Leute, die sich für das Schiedsrichterwesen interessieren. Denn auch im Amateurbereich braucht es immer wieder neue Schiedsrichter. Wenn es Idole in der Bundesliga oder im Europacup gibt, ist der Recruiting-Prozess wesentlich einfacher. Das ist das, was mich reizt und mich antreibt. Wenn wir das erreichen, dann werde ich am Ende des Tages auch zufrieden sein.