Nach etwas Abstand, jetzt mal meine Sicht der Dinge. Jetzt bin ich wieder ruhiger und denke, ich kann das Ganze aus einer gefestigten Position analysieren. Ganz unvoreingenommen.
Grundsätzlich muss man als erstes klar und deutlich sagen, dass wir hier sehr große Erwartungen haben und wir davon ausgegangen sind, dass wir den Russen den Hintern versohlen werden. Manche hatten ein paar Zweifel, aber viele gingen davon aus, wie auch meine Wenigkeit, dass wir denen klar und deutlich zeigen wer Soizburg ist. Eigentlich nichts verkehrtes, der Gegner war in unserer Kragenweite und man darf nicht vergessen, dass die Erwartungen auch von unseren Verantwortlichen ziemlich hoch geschürt worden sind, und man klar definiert hat, dass man die Gruppe überstehen möchte. Da darf die Lokomotive aus Russland definitiv kein Stolperstein darstellen, vor allem nicht wenn wir noch in unserer Festung agieren.
Jetzt hat sich aber gezeigt, was sich in den letzten Wochen schon andeute, dass unsere Leistungen nicht simultan mit den Erwartungen gehen, die wir haben und vor allem die Verantwortlichen im Verein. Weshalb? Die Frage muss man sich stellen und auch beantworten. Um darauf jetzt näher einzugehen, mir geht es nicht um das heutige Ergebnis, sondern um die Kernpunkte die man heute zu sehen bekam, sind genau die Dinge die sich jetzt schon seit Wochen/Monaten andeuten.
Wir haben Probleme unsere DNA auf den Platz bekommen, sprich gegen den Ball musst du in die Zweikämpfe kommen, musst du den Spieler der am Ball ist schnellst möglich zustellen, und dahinter auch die weiteren Anspielstationen, so dass daraus Ballgewinne resultieren. Das ist unser stärkster Angriff und unsere stärkste Verteidigung, damit steht und fällt alles. Wenn das nicht on point ist, sind wir anfällig bis zum geht nicht mehr, und das ist die Pointe an der Sache. Marsch hat sich wieder für seine altbewährte Ausrichtung entschieden, das 4-2-2-2 mit Szobo und diesmal Mwepu als Zehner. Wie ich schon öfters in der Vergangenheit darüber berichtet habe bzw. wie man es auch einfach sehen konnte, bin ich nicht der Überzeugung, dass die Grundordnung am besten zum Kader passt. Im Anlaufverhalten sind die Wege zu weit, du kommst schwer in die Pressingsituationen, von denen unser Spiel lebt, du verschiebst einfach zu behäbig, wodurch die Räume besonders zwischen der Innenverteidigung und den beiden 6ern zu groß werden. Es fehlt besonders an der Stelle an Kompaktheit, wodurch die letzte Verteidigungslinie instabil wirkt weil eben dadurch die Gegenspieler in hoher Zahl und kräftigem Tempo ungehindert dadurch laufen können nach einem leichten Chip oder Laser-Ball. So wirkt das unglaublich Amateurhaft und hat auf dem Niveau nichts zu suchen. Besonders heute gegen einen Gegner der das, sag ich mal, schon um einiges besser umsetzen kann als der typische Gegner in unserer Liga. Da hätte man in den ersten 30 Minuten schon 0:2 - 0:3 hintenlegen können, weil wir dem Gegner genau den Rückraum in vollster Pracht angeboten haben. Die haben das dann noch besonders klug ausgenützt und meist nur einmal prallen lassen und schon ging es flott und ungehindert Richtung Cic. Deswegen war die Umstellung wichtig um in den Brennpunkten einen besseren Zugriff zu bekommen. Ich will nicht sagen, dass die Raute der Heilsbringer ist und wir damit jeden Gegner mit 8282:1 wegschießen können, das wär meiner nicht würdig. 🧔
Aber, es lässt sich schon eine gewisse Tendenz erkennen, dass die Ausrichtung doch besser zum derzeitigen Spielermaterial passt, vor allem auf so einem hohen Niveau, wo du dem Gegner so wenig wie möglich Räume geben darfst. Nach der Umstellung war man auch gleich wieder griffiger, hatte diese Pressingszenen weil die Wege kürzer waren, man enger im Mittelfeld-Zentrum nebeneinander stand und stabiler anlaufen konnte. Direkt danach konnte man wieder unsere DNA spüren, wie als hätte man unseren Spielern einen Rucksack abgelegt. Die Frage ist nur warum nicht von Beginn an? Wäre doch eine extrem gefinkelte Nummer gewesen und der gegnerische Trainer hätte sich das wohl auch nicht unbedingt erwartet. Das ist die Taktische Flexibilität die ich mir von Marsch vor dem Spiel erhofft hätte, und nicht erst wenn er merkt, dass er doch in den Scheißhaufen getreten ist. Zumal die Mannschaft die Raute irgendwie aufgesogen hat, die bringen das ohne wenn und aber sofort auf den Platz, ohne Anlaufschwierigkeiten. Es sind halt doch mittlerweile berechtigte Fragen über Fragen, wie auch der Wechsel kurz nach der Pause. Auch das muss man Marsch ankreiden und hat uns vielleicht auch wieder den hart erkämpften Spielfluss genommen. Koita hat zwar nicht alles in Grund und Boden gespielt, aber er war gut. Viele weite Wege gemacht, am Ball kurz und bündig, der war wirklich gerade dabei noch zuzulegen. Und wir wissen ja wie schnell das bei Koita geht, der bringt so viel mit, da reicht nur eine Aktion, zumal er ja auch die Spieler optimal einsetzen kann. Mergim war zwar auch gut, aber der hat mal seine 5 bis 10 Minuten gebraucht bis er ins Spiel gefunden hat. Genau in der Phase hätte man das Dritte erzielen können/müssen. Den zweiten Wechsel seh ich weniger kritisch, weil vermutlich war Momo wirklich platt, hätte ihn aber trotzdem nicht rausgenommen, aber gut, ist vertretbar. Leider wurde Juno dann wieder nach hinten befördert und es wurde wieder aufs 4-2-2-2 umgestellt. Gut, ist auch vertretbar. Das zweite Gegentor gehört halt Cican, da braucht man jetzt nicht großartig etwas herumdiskutieren.
Um zum Punkt zu kommen, das Spiel hat vieles offenbart was in den letzten Wochen/Monaten schon in der Luft lag. In der Liga geht das durch, aber hier in der Champions-League braucht es eine Steigerung in jeglicher Hinsicht. Die muss bei Marsch beginnen, der sich das Leben unnötig schwer macht, bis hin zu den Spielern. Und vermutlich bis hin zum Sportdirektor, der leider offene Fragen im Kader hinterließ.