SN: Als Trainer in Salzburg wird man immer an Titeln gemessen. Wie definieren Sie selbst Ihre Saisonziele?
Nicht nur für mich, für den gesamten Club ist das ein Neustart. Nach dem, was in der vergangenen Saison passiert ist, müssen alle die Bereitschaft zeigen, alles für den Erfolg zu geben. Die Basis dafür wird jeden Tag im Training gelegt. Ich bin der Meinung, dass 80 Prozent von den drei Punkten nicht direkt am Spieltag, sondern von Montag bis Freitag im Training geholt werden. Deshalb betone ich immer wieder: Training ist unser bester Transfer. Daran glaube ich wirklich.Mein Ziel mit Salzburg ist es, das Team zu werden, gegen das niemand gern spielt. Es ist nicht realistisch, wenn ich sage, dass wir das beste Team in Europa werden wollen. Aber wir wollen das Team sein, das jede andere Mannschaft schlagen kann. Dieses Mindset zu haben ist entscheidend. Wenn wir daran glauben und hart arbeiten, kommen die Titel am Ende von selbst.
SN: Der Kader ist aktuell noch sehr groß. Was ist die ideale Größe - im Training und um die Stimmung im Team hochzuhalten?
Das Wichtigste für mich ist, dass die Talente immer eine Chance haben, ins Team zu kommen. Salzburg ist hier sehr speziell, die Nachwuchsarbeit ist außergewöhnlich, die Qualität in der Akademie ist riesig (Lijnders nennt als Beispiele Lukić, Mellberg und Diakité). Ist der Kader zu groß, bleibt die Tür für die besten Talente verschlossen. Außerdem sollten die Spieler immer das Gefühl haben, dass sie gebraucht werden, ansonsten ruinierst du dir die Atmosphäre. Mir gefällt das Sprichwort: Du bist nur so stark wie das schwächste Glied. Deshalb bevorzuge ich Qualität statt Quantität. Um das an einer konkreten Zahl festzumachen: Ich arbeite gern mit einem Kader von 20 Feldspielern.
SN: Ihre Kapitänswahl wurde viel diskutiert, weil Janis Blaswich neu und nur ein Leihspieler ist. Was sagen Sie dazu?
In der vergangenen Saison ist viel passiert in Salzburg. Der Sportdirektor (Christoph Freund) hat den Club verlassen, es gab drei verschiedene Trainer, ehe der Mannschaft auch noch die Konstanz abhandengekommen ist. Deshalb haben wir vor dem Neustart sehr genau hingeschaut, wer das junge Team am schnellsten und am besten weiterbringen kann und haben uns nach diesen Kriterien auch am Transfermarkt umgesehen. Wir brauchen einen Kapitän, der das Richtige sagt, auch in schwierigen Situationen, der nicht emotional, sondern klar ist. In Janis haben wir den richtigen Kapitän gefunden. Aber auch er kann nur so stark sein wie seine beiden Vizekapitäne Amar Dedić und Alex Schlager mit Nicolás Capaldo und Bryan Okoh als verlängerte Arme. Deshalb war es hier von Anfang an mein Ziel, eine starke Leadership-Gruppe zu bilden.SN: Sie haben sich bestimmt schon intensiv mit der Bundesliga beschäftigt. Welchen Eindruck haben Sie von der Liga, vom Liga-Format, von den Gegnern?
Man hat letzte Saison ja sehr deutlich gesehen, dass die Liga enger wird, Sturm und Salzburg waren bis zum Ende nahezu gleichauf, auch der LASK war lange vorn dabei. Für uns heißt das: Wir müssen einen neuen Schritt nach vorn machen, uns als Club weiterentwickeln. Diese Topspiele sind gut für die Liga - und für die Fans. Im Endeffekt spielen wir ja auch dafür, um ihnen spezielle Momente zu bieten.SN: Und was halten Sie vom Play-off und der Punkteteilung?
Was die Trennung in eine Meister- und eine Qualifikationsgruppe betrifft, so bin ich ein großer Fan davon. Ich mag die Play-off-Idee und den Spannungsbogen. Weniger kann ich mit der Punkteteilung anfangen. Das ist einfach nicht fair. Die Punkte, die du sammelst, solltest du auch behalten dürfen.
SN: Steilpass zur Champions League: Als Niederländer kennen Sie Gegner Twente Enschede sehr gut. Wie stehen die Aufstiegschancen?
Ich weiß, dass Twente in Österreich nicht allzu bekannt ist und der Club vielleicht sogar unterschätzt wird. Das tun wir nicht. Das ist eine komplette Mannschaft, die sehr gut gecoacht ist. Wir wollen es uns mit einer würdigen Leistung verdienen, eine Runde weiterzukommen und der Champions League damit einen Schritt näher zu kommen.
SN: Sie waren lange Co-Trainer. Was hat sich für Sie in der neuen Rolle als Cheftrainer am meisten geändert?
Mein Gefühl ist: Ich liebe es! Ich war beim FC Liverpool zwar Assistent von Jürgen Klopp, aber auch da hatte ich schon sehr viel Verantwortung, zum Beispiel in der Trainingsgestaltung oder bei der taktischen Ausrichtung. Meine Loyalität zu Jürgen war so groß, dass ich geblieben bin, obwohl mein Herz gesagt hat, dass ich gehen und irgendwo Cheftrainer werden soll. Ich habe also lange auf diesen Moment gewartet. Umso glücklicher bin ich jetzt, hier in Salzburg zu sein.